Montag, Februar 11, 2013

Schadstoffe im Wohnraum: Wohngifte immer noch ein aktuelles Problem




In den Industrieländern halten sich die Menschen über 90 % ihrer Lebenszeit in geschlossenen Räumen auf. Unsere Häuser werden immer dichter. Die Belastungen im alltäglichen Lebensumfeld werden immer höher. 30 % der Bevölkerung gelten bereits als umweltkrank. Deshalb ist die Luftqualität in Räumen, in denen wir uns lange aufhalten, von großer gesundheitlicher Bedeutung.

„Es sollte eigentlich der Vergangenheit angehören, sich Gedanken über mögliche schädigende Stoffe machen zu müssen, die aus Materialien (Kleidung, Teppichboden, Tapeten, Spielzeug etc.) ausgasen können“, so Baubiologe Ralf Holtrup aus Warendorf.

In vielen Bereichen wurden leichtflüchtige organische Verbindungen (engl. volatile organic compounds = VOC) durch mittel- und schwerflüchtige Verbindungen (engl.  semi-volatile organic compounds = SVOC) ersetzt. Diese werden bei Zimmertemperatur aber ebenfalls freigesetzt, nur geschieht dies langsamer und über einen längeren Zeitraum. Ein besonderes Problem stellen Produkte aus Polyvinylchlorid (PVC) dar, an denen Holtrup die Schadstoffproblematik detailliert erläutert. Werden z. B. PVC-Tapeten hergestellt, kann auf Weichmacher nicht verzichtet werden. Sie verleihen der Tapete Elastizität und ermöglichen das Aufschäumen. Weichmacher können ein Problem in Innenräumen darstellen. Laut ÖKO-TEST wurden in PVC-haltigen Vlies-Tapeten sogenannte Phthalate nachgewiesen (ÖKO-TEST 2010).

Die PVC Hersteller verwenden vorrangig DINP (Diisononylphthalat) und DIDP (Diisodecylphthalat). Diese Phthalate sind von der Europäischen Union nicht als gefährliche Stoffe eingestuft. Das Umweltbundesamt bewertet das anzunehmende Umweltverhalten dieser Stoffe jedoch als bedenklich. Sie stehen im Verdacht, sich in hohem Maße in Organismen anzureichern und eine lange Lebensdauer im Boden und in Sedimenten aufzuweisen (Umweltbundesamt 2007).
In den meisten 2010 von ÖKO-TEST getesteten Vliestapeten wurden mindestens auch Spuren von giftigen zinnorganischen Verbindungen nachgewiesen. Diese Verbindungen können beim Menschen schon in sehr kleinen Mengen das Immun- und Hormonsystem beeinträchtigen. Zudem kann das Stoffgemisch der Tapete auch eine Vielzahl von anderen flüchtigen organischen Verbindungen ausgasen, die die Raumluft belasten und Schleimhäute und Augen reizen können. Diese kommen auch in PVC-Bodenbelägen und gegebenenfalls in Wandfarben vor.

„Heute ist es wieder modern, sich diese Sachen an die  Wände oder auf den Boden zu kleben“, so der Sachverständige Holtrup weiter, „hinzu kommt ja noch, dass im Falle eines Brandes von PVC nicht nur ein beißender Rauch sondern auch eine Vielzahl von giftigen Verbindungen entsteht.“
Das im PVC enthaltene Chlor wird größtenteils als Chlorwasserstoff (HCl) freigesetzt, der mit Feuchtigkeit zu ätzender Salzsäure reagiert.
„Wir müssen achtsam sein mit den vielen Dingen, die der Markt anbietet. Empfehlenswert sind laut Holtrup z.B. Naturbaustoffe, die mit einem europäischen Qualitätszeichen wie  natureplus versehen sind.“ 

Wohngifte  und Schadstoffbelastungen in Wohnungen können durch direkte Materialuntersuchungen oder  Raumluftanalysen nachgewiesen werden.

Weitere Infos unter www.baubiologie-holtrup.de oder Tel. 02581-784635