In den Industrieländern halten sich die
Menschen über 90 % ihrer Lebenszeit in geschlossenen Räumen auf. Unsere Häuser
werden immer dichter. Die Belastungen im alltäglichen Lebensumfeld werden immer
höher. 30 % der Bevölkerung gelten bereits als umweltkrank. Deshalb ist die
Luftqualität in Räumen, in denen wir uns lange aufhalten, von großer
gesundheitlicher Bedeutung.
„Es sollte eigentlich der Vergangenheit
angehören, sich Gedanken über mögliche schädigende Stoffe machen zu müssen, die
aus Materialien (Kleidung, Teppichboden, Tapeten, Spielzeug etc.) ausgasen können“,
so Baubiologe Ralf Holtrup aus Warendorf.
In vielen Bereichen wurden
leichtflüchtige organische Verbindungen (engl. volatile organic compounds =
VOC) durch mittel- und schwerflüchtige Verbindungen (engl. semi-volatile organic compounds = SVOC)
ersetzt. Diese werden bei Zimmertemperatur aber ebenfalls freigesetzt, nur
geschieht dies langsamer und über einen längeren Zeitraum. Ein besonderes
Problem stellen Produkte aus Polyvinylchlorid (PVC) dar, an denen Holtrup die
Schadstoffproblematik detailliert erläutert. Werden z. B. PVC-Tapeten
hergestellt, kann auf Weichmacher nicht verzichtet werden. Sie verleihen der
Tapete Elastizität und ermöglichen das Aufschäumen. Weichmacher können ein
Problem in Innenräumen darstellen. Laut ÖKO-TEST wurden in PVC-haltigen
Vlies-Tapeten sogenannte Phthalate nachgewiesen (ÖKO-TEST 2010).
Die PVC Hersteller verwenden vorrangig
DINP (Diisononylphthalat) und DIDP (Diisodecylphthalat). Diese Phthalate sind
von der Europäischen Union nicht als gefährliche Stoffe eingestuft. Das
Umweltbundesamt bewertet das anzunehmende Umweltverhalten dieser Stoffe jedoch
als bedenklich. Sie stehen im Verdacht, sich in hohem Maße in Organismen
anzureichern und eine lange Lebensdauer im Boden und in Sedimenten aufzuweisen
(Umweltbundesamt 2007).
In den meisten 2010 von ÖKO-TEST
getesteten Vliestapeten wurden mindestens auch Spuren von giftigen
zinnorganischen Verbindungen nachgewiesen. Diese Verbindungen können beim
Menschen schon in sehr kleinen Mengen das Immun- und Hormonsystem
beeinträchtigen. Zudem kann das Stoffgemisch der Tapete auch eine Vielzahl von
anderen flüchtigen organischen Verbindungen ausgasen, die die Raumluft belasten
und Schleimhäute und Augen reizen können. Diese kommen auch in PVC-Bodenbelägen
und gegebenenfalls in Wandfarben vor.
„Heute ist es wieder modern, sich diese
Sachen an die Wände oder auf den Boden
zu kleben“, so der Sachverständige Holtrup weiter, „hinzu kommt ja noch, dass
im Falle eines Brandes von PVC nicht nur ein beißender Rauch sondern auch eine
Vielzahl von giftigen Verbindungen entsteht.“
Das im PVC enthaltene Chlor wird
größtenteils als Chlorwasserstoff (HCl) freigesetzt, der mit Feuchtigkeit zu
ätzender Salzsäure reagiert.
„Wir müssen achtsam sein mit den vielen
Dingen, die der Markt anbietet. Empfehlenswert sind laut Holtrup z.B.
Naturbaustoffe, die mit einem europäischen Qualitätszeichen wie natureplus
versehen sind.“
Wohngifte und Schadstoffbelastungen in Wohnungen können
durch direkte Materialuntersuchungen oder
Raumluftanalysen nachgewiesen werden.
Weitere Infos
unter www.baubiologie-holtrup.de
oder Tel. 02581-784635